Aufgrund ihrer Lebensumstände gelten Asylsuchende als Risikogruppe für traumabedingte psychische Erkrankungen und insbesondere für die Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS). Anfang 2005 erschien ein Untersuchungsbericht, der dies für die Bundesrepublik bestätigt. Die Studie wurde von der Psychologischen Forschungs- und Modellambulanz für Flüchtlinge an der Universität Konstanz in enger Kooperation mit dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) durchgeführt.
Bei 40 Prozent der untersuchten Flüchtlinge stellten die psychiatrischen Fachleute die klinischen Merkmale einer PTBS fest. Im Vergleich dazu wird für die Allgemeinbevölkerung eine Häufigkeit von zwei bis acht Prozent angenommen. Viele Betroffene waren über einen längeren Zeitraum mehreren traumatischen Ereignissen ausgesetzt, darunter Folter, Vergewaltigung, Entführung, Geiselnahme, Verfolgung und das Miterleben von Gewalt.
Das Ergebnis der Studie bedeutet nicht, dass 60 Prozent der Asylsuchenden keine Gewalt erlebt hätten. Bei ihnen wurden lediglich zum Zeitpunkt der Einreise keine Symptome einer PTBS festgestellt. Ein Großteil der Symptome bildet sich jedoch erst im Verlauf des Aufenthaltes in Deutschland aus. Die Aufnahmebedingungen wirken in diesen Fällen wie eine Retraumatisierung.
Wenn so viele Asylsuchende nachweislich Schlimmes erlebt haben, fragt man sich, warum so wenige ein Bleiberecht bekommen. Menschen, die wegen Folter, Verfolgung oder Kriegstraumata psychisch erkrankt sind, können einen Schutzstatus erhalten, wenn die Erkrankung bei der Anhörung erkannt wird. Aber das ist selten der Fall.
Bei der Außenstelle des BAMF in Eisenhüttenstadt arbeiten zwei speziell geschulte Sonderbeauftragte für frauenspezifische Verfolgung und für Folter und psychische Krankheiten. Sie werden im Bedarfsfall hinzugezogen, zum Beispiel wenn entsprechende Fluchtgründe vorgetragen werden oder Asylsuchende sich auffällig verhalten.
Das Ziel der Befragung durch die Sonderbeauftragten ist die Feststellung der Verhandlungsfähigkeit oder die Überprüfung der Angaben, um zu entscheiden, ob ein Schutzgrund vorliegt. Kommen die Sonderbeauftragten zu dem Schluss, es liege eine Traumatisierung vor, ziehen sie externe GutachterInnen hinzu, was selten geschieht, weil psychische Störungen in der ersten Aufnahmezeit oft noch nicht manifest oder erkennbar sind.